Friday, December 25, 2020

Bertolt Brecht: "An die Nachgeborenen" / "To Those Born After" (poem, 1939)


Bertolt Brecht (L) and Walter Benjamin (R) play chess in 1934 in Denmark. (Photo: PD). Bertolt-Brecht-Archiv, Akademie der Künste, Berlin.


Jörn Donner in memoriam: a favourite poem of his, quoted in John Webster's film Donner – privat (2021). This poem is the only work by Bertolt Brecht of which a recording by the poet himself exists.

Bertolt Brecht
An die Nachgeborenen

1

Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!

Das arglose Wort ist töricht. Eine glatte Stirn
Deutet auf Unempfindlichkeit hin. Der Lachende
Hat die furchtbare Nachricht
Nur noch nicht empfangen.

Was sind das für Zeiten, wo
Ein Gespräch über Bäume fast ein Verbrechen ist
Weil es ein Schweigen über so viele Untaten einschließt!
Der dort ruhig über die Straße geht
Ist wohl nicht mehr erreichbar für seine Freunde
Die in Not sind?

Es ist wahr: ich verdiene noch meinen Unterhalt
Aber glaubt mir: das ist nur ein Zufall. Nichts
Von dem, was ich tue, berechtigt mich dazu, mich satt zu essen.
Zufällig bin ich verschont. (Wenn mein Glück aussetzt
Bin ich verloren.)

Man sagt mir: iß und trink du! Sei froh, daß du hast!
Aber wie kann ich essen und trinken, wenn
Ich es dem Hungernden entreiße, was ich esse, und
Mein Glas Wasser einem Verdurstenden fehlt?
Und doch esse und trinke ich.

Ich wäre gerne auch weise
In den alten Büchern steht, was weise ist:
Sich aus dem Streit der Welt halten und die kurze Zeit
Ohne Furcht verbringen
Auch ohne Gewalt auskommen
Böses mit Gutem vergelten
Seine Wünsche nicht erfüllen, sondern vergessen
Gilt für weise.
Alles das kann ich nicht:
Wirklich, ich lebe in finsteren Zeiten!


                                   2

In die Städte kam ich zu der Zeit der Unordnung
Als da Hunger herrschte.
Unter die Menschen kam ich zu der Zeit des Aufruhrs
Und ich empörte mich mit ihnen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Mein Essen aß ich zwischen den Schlachten
Schlafen legt ich mich unter die Mörder
Der Liebe pflegte ich achtlos
Und die Natur sah ich ohne Geduld.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Die Straßen führten in den Sumpf zu meiner Zeit
Die Sprache verriet mich dem Schlächter
Ich vermochte nur wenig. Aber die Herrschenden
Saßen ohne mich sicherer, das hoffte ich.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.

Die Kräfte waren gering. Das Ziel
Lag in großer Ferne
Es war deutlich sichtbar, wenn auch für mich
Kaum zu erreichen.
So verging meine Zeit
Die auf Erden mir gegeben war.


                             3

Ihr, die ihr auftauchen werdet aus der Flut
In der wir untergegangen sind
Gedenkt
Wenn ihr von unseren Schwächen sprecht
Auch der finsteren Zeit
Der ihr entronnen seid.

Gingen wir doch, öfter als die Schuhe die Länder wechselnd
Durch die Kriege der Klassen, verzweifelt
Wenn da nur Unrecht war und keine Empörung.

Dabei wissen wir ja:
Auch der Haß gegen die Niedrigkeit
Verzerrt die Züge.
Auch der Zorn über das Unrecht
Macht die Stimme heiser. Ach, wir
Die wir den Boden bereiten wollten für Freundlichkeit
Konnten selber nicht freundlich sein.

Ihr aber, wenn es soweit sein wird
Daß der Mensch dem Menschen ein Helfer ist
Gedenkt unsrer
Mit Nachsicht.

Bertolt Brecht (Svendborger Gedichte, 1939).

...

Bertolt Brecht
To Those Born Later

Truly I live in dark times!
Frank speech is naïve. A smooth forehead
Suggests insensitivity.  The man who laughs
Has simply not yet heard
The terrible news.

What kind of times are these, when
To talk about trees is almost a crime
Because it implies silence about so many horrors?
When the man over there calmly crossing the street
Is already perhaps beyond the reach of his friends
Who are in need?

It’s true that I still earn my daily bread
But, believe me, that’s only an accident.  Nothing
I do gives me the right to eat my fill.
By chance I've been spared.  (If my luck breaks, I'm lost.)

They say to me: Eat and drink! Be glad you have it!
But how can I eat and drink if I snatch what I eat
From the starving
And my glass of water belongs to someone dying of thirst?
And yet I eat and drink.

I would also like to be wise.
In the old books it says what wisdom is:
To shun the strife of the world and to live out
Your brief time without fear
Also to get along without violence
To return good for evil
Not to fulfill your desires but to forget them
Is accounted wise.
All this I cannot do.
Truly, I live in dark times.

II
I came to the cities in a time of disorder
When hunger reigned.
I came among men in a time of revolt
And I rebelled with them.
So passed my time
Given me to on earth.

I ate my food between battles
I lay down to sleep among murderers
I practiced love carelessly
And I had little patience for nature’s beauty.
So passed my time
Given to me on earth.

All roads led into the mire in my time.
My tongue betrayed me to the butchers.
There was little I could do.  But those is power
Sat safer without me: that was my hope.
So passed my time
Given to me on earth.

Our forces were slight.  Our goal
Lay far in the distance
Clearly visible, though I myself
Was unlikely to reach it.
So passed my time
Given to me on earth.

III
You who will emerge from the flood
In which we have gone under
Bring to mind
When you speak of our failings
Bring to mind also the dark times
That you have escaped.

Changing countries more often than our shoes,
We went through the class wars, despairing
When there was only injustice, no outrage.

And yet we realized:
Hatred, even of meanness
Contorts the features.
Anger, even against injustice
Makes the voice hoarse. O,
We who wanted to prepare the ground for friendship
Could not ourselves be friendly.

But you, when the time comes at last
When man is helper to man
Think of us
With forbearance.

...


Bertolt Brecht
Niille, jotka tulevat meidän jälkeemme

Totisesti minä elän synkkää aikaa.
Avomielinen puhe on hulluutta,
sileä otsa osoittaa tunteettomuutta.
Se, joka nauraa, ei vain vielä ole kuullut hirvittävää uutista.

Mikä aika on tämä, jolloin puhe puista on melkein rikos,
koska siinä vaietaan niin monista rikoksista?
Se, joka levollisena ylittää kadun, tuskin enää tuntee ystäviään,
jotka ovat hädässä.

On totta, minä ansaitsen vielä leipäni,
mutta, uskokaa minua, se on vain sattuma,
ei mikään siitä, mitä teen, oikeuta minua syömään itseäni kylläiseksi,
olen säästynyt sattumalta. Kun onni pettää, minä olen hukassa.

Minulle sanotaan: "Syö ja juo, ole iloinen, että sinulla on!"
Mutta kuinka minä voin syödä ja juoda, kun riistän ruokani nälkäiseltä?
Ja janoinen on vailla vettä, jonka minä juon,
ja kuitenkin minä syön ja juon.

Minä olisin kernaasti viisas. Vanhoissa kirjoissa kerrotaan, mitä on viisaus:
"Vetäydy maailman taisteluista, ja vietä lyhyt aikasi vailla pelkoa,
tule toimeen ilman väkivaltaa, maksa paha hyvällä,
luovu toiveistasi, unohda ne."

Tätä sanotaan viisaudeksi.
Tätä kaikkea minä en osaa.
Totisesti minä elän synkkää aikaa.

Finnish translation : Brita Polttila in : Bertolt Brecht : Runoja 1914–1956 (Helsinki: Tammi, 1964).

Part I of Bertolt Brecht's poem was composed by Kaj Chydenius in 1969 for the play Saaren vangit (directed by Kalle Holmberg). It was sung as "Minä elän synkkää aikaa" by Kristiina Halkola on her album Täytyy uskaltaa (Love Records, 1969)
.

For Kalevi Haikara this poem is "one of the most magnificent of all times" and "Brecht's last will". He calls it "Tuleville sukupolville" in the IV chapter of his Brecht biography (pp. 181–253).
    Kalevi Haikara : Bertolt Brechtin aika, elämä ja tuotanto. Helsinki : Art House, 1992. ISBN 9518840636. 625 sivua, [6] kuvasivua : kuvitettu ; 24 cm.

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